In Deutschland muss jeder Hausbesitzer Grundsteuer an die Gemeinde abführen. Die Gemeinden können die durchschnittliche Höhe des Steuersatzes selbst bestimmen. Allerdings sind verschiedene Gebäude unterschiedlich stark von der Steuer betroffen. Die genaue Besteuerung einer Wohnung oder eines Hauses wird anhand sogenannter Einheitswerte bestimmt. Diese wurden vom Bundesverfassungsgericht bemängelt. Die Einheitswerte beruhen auf dem Wert der Wohneinheit, sie sind allerdings stark veraltet. Die Einheitswerte für Westdeutschland stammen aus dem Jahr 1964, die Einheitswerte für Ostdeutschland stammen aus der Vorkriegszeit (1935). Die Berechnung der Grundsteuer muss bis spätestens 31.12.2019 neu geregelt werden. Andernfalls darf die Grundsteuer nicht mehr eingetrieben werden.
Welche Berechnungsgrundlagen gibt es?
Im Zuge der Reform wird aktuell diskutiert, den Wohnungswert, den Wert des Grundstückes, oder die Fläche des Grundstücks heranzuziehen. Die Wahl der Bezugsgröße hat unterschiedliche Auswirkungen auf die Belastung einer einzelnen Wohnung im Vergleich zu anderen Wohnungen in der Gemeinde.
Welche Auswirkungen hätten die verschiedenen Berechnungsgrundlagen?
Die Berechnung ausschließlich auf Grundlage der Grundfläche würde jeden Quadratmeter der Gemeinde mit dem gleichen Wert belasten. Die Grundsteuer würde in Teilen der Gemeinde steigen, die im Jahr 1964 bzw. 1935 vergleichsweise unattraktiv waren. In damals attraktiven Teilen würde sie sinken.
Die Berechnung auf Grundlage des Wohnungswertes hätte zur Folge, dass die Grundsteuer in den Teilen der Gemeinde steigt, die im Vergleich zu 1964 (West) bzw. 1935 (Ost) an Attraktivität gewonnen haben. Umgekehrt würde sie sinken in Gegenden, die relativ gesehen weniger attraktiv sind als 1964 (West) bzw. 1935 (Ost).
Die aus ökonomischer Sicht beste Variante ist eine Besteuerung des reinen Bodenwerts. Damit wird eine möglichst effiziente Nutzung des Bodens begünstigt. In Gegenden mit hohem Bodenwert ist die Steuer besonders hoch. Ein hoher Bodenwert signalisiert eine hohe Nachfrage nach Boden, weil beispielsweise an einem Ort ein besonders hoher Bedarf an Wohnraum besteht. Eine Besteuerung auf Grundlage des Bodenwertes würde dazu beitragen, dass Bauherren eine größere Zahl an Wohnungen bauen, weil dies die Steuerbelastung nicht erhöht, aber die Rendite steigert (bis zu einem gewissen Grad).
Bei einer Besteuerung des Bodenwertes würden vor allem Gegenden weniger belastet, in denen die Bebauung dicht ist. Das bedeutet, dass Mieter durch diese Form der Besteuerung tendenziell entlastet, Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern und Besitzer von Bauland stärker belastet würden.
Welche Nachteile haben die drei Varianten?
Eine Besteuerung der Fläche hätte den großen Nachteil, dass besonders unattraktive Flächen genauso stark belastet werden wie sehr attraktive. Gleichzeitig gibt es keinen zusätzlichen Anreiz, an Orten mit hoher Nachfrage besonders viel Wohnraum zu schaffen. Gleiches gilt für die Besteuerung des Wohnungswertes. Dadurch wird Spekulation mit Bauland Vorschub geleistet. Außerdem werden Flächen bebaut, die dafür aufgrund fehlender Infrastruktur wenig geeignet sind.
Die Besteuerung des reinen Bodenwertes hat keine derartigen Nachteile. Es muss zwar der Bodenwert bestimmt werden. Durch moderne Technologien wie Machine Learning könnte der Bodenwert jedoch auf kleinräumiger Ebene automatisiert und ständig aktuell sehr präzise bestimmt werden. Die nötigen Daten sind prinzipiell bei den Gutachterausschüssen vorhanden. Im Zuge der Reform könnte die Datengrundlage stark verbessert werden, indem man beispielsweise bei Verkäufen detailliertere Informationen abfragt, wie sie auch in der mietcheck.de-Datenbank enthalten sind.